EDITORIAL 3
„ES" kommt zurück
F
ast 15 Jahre dürfte es her sein, dass
Sony zuletzt zweikanalige „ES“-
Geräte im Programm hatte - also
im gehobenen HiFi-Segment unterwegs
war. Gegen Ende des letzten Jahrhun-
derts standen alle Zeichen auf „Heim-
kino“: Da gab es dann noch mal einen
AV-Receiver oder einen SACD/DVD-
Player auf ES-Niveau. Seitdem hat sich
Sony ganz auf Flachfernseher konzent-
riert - und auf Digitalkameras, Spiele-
konsolen und Mobiltelefone. Auf Main-
stream-Produkte also.
Das geht anderen Vollsortimentern
nicht anders. Großkonzerne müssen sich
wohl dem Gesetz der großen Stückzahl
beugen. Philips etwa hat sich schon früh
vom CD-Player, seiner ureigenen Erfin-
dung, verabschiedet, als die Nachfrage
zurückging. Und Panasonic hat längst alle
Brücken zum einst klangvollen Marken-
namen „Technics“ hinter sich abgerissen.
Jüngere Elektronik-Giganten wie Samsung
haben gar nicht erst versucht, im gehobe-
nen HiFi-Segment Fuß zu fassen, sondern
sich gleich auf innovative Mainstream-
Technik gestürzt.
Sony war da lange Zeit eine Ausnahme.
Obwohl das Unternehmen auch früher
schon mit TV & Co. die größten Umsätze
gemacht hat, hielt man stets das HiFi-
Fähnlein hoch. Mit bezahlbaren, aber
überdurchschnittlich hochwertigen Pro-
dukten. Das hatte einen nicht zu unter-
schätzenden Nebeneffekt: Es verlieh der
Marke einen besonderen Glanz, der auch
auf andere, billigere Produktsegmente aus-
strahlte. Da kaufte man dann gern auch
den Radiowecker von Sony, weil es eben
ein Sony war.
Ein derart herausgehobenes Marken-
image hat sicher viele verschiedene
Gründe, aber einer davon ist eben ein Sor-
timent, das neben Mainstream-Modellen
auch Premium-Produkte umfasst, quasi
als „Leuchttürme“. Um mal wieder die
Automobil-Branche als Beispiel zu bemü-
hen: Warum hat VW einen Phaeton im
Programm? Sicher nicht, weil er viel zum
Umsatz beiträgt - und zum Gewinn schon
gar nicht. Ob der Image-Transfer vom
Phaeton auf Golf oder Polo wirklich zün-
det, sei mal dahingestellt, aber einen Ver-
such war es allemal wert.
Diesen Effekt haben jetzt offenbar auch
die Sony-Lenker wiederentdeckt - und
besinnen sich auf die highfidelen Wurzeln
des Unternehmens. Sie rufen eine „High
Resolution Audio“-Initiative aus und brin-
gen einen Festplattenspieler und einen
Vollverstärker in bester „ES“-Tradition
und in einer Preisklasse, die in den letzten
15 Jahren bei Sony tabu war.
Sicher, Musikwiedergabe von der Fest-
platte und übers Heimnetz liegt im Trend
und beschert der HiFi-Branche einen
zweiten Frühling. Aber diesen Trend
kann man ja auch mit einer Mainstream-
Minianlage bedienen. Die gibt’s bei Sony
auch - und sie wird künftig vom Glanz
der neuen „ES“-Komponenten profitieren.
Vielleicht entdeckt Sony dann ja
auch seinen alten Werbespruch wieder:
„It’s a Sony“.
Ulrich Wienforth
Redakteur
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